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Warum wir nicht mehr “Powerfrau” sagen...

Warum wir nicht mehr “Powerfrau” sagen...

“Powerfrau”, “Working-Mom” oder “Girl Boss” sind Begriffe, die zwar gut gemeint sind, aber mit ihren Extra-Silben eine Abweichung von der Norm implizieren.

 

Eine “Powerfrau” ist stärker als eine “normale” Frau*, eine Working-Mom ist eine Mutter, die neben ihrer unbezahlten Care-Tätigkeit auch einen “richtigen” Job ausübt, und ein “Girl Boss” muss sprachlich hervorgehoben werden, weil ein Boss nun mal meist männlich ist. Diese Worte suggerieren, dass eine Frau trotz ihres Frau-Seins stark sein, eine Karriere haben und Chefin sein kann. 

 

In feministischen Kreisen wird das Ganze gerne umgedreht: Ich bin "powerful", weil ich eine Frau bin. Ich habe Führungsqualitäten, weil ich eine Frau bin. Auch diese Denkweise bedeutet auf dem Weg zur Gleichberechtigung einen Schritt zurück. Frauen und Männer werden zwar oft unterschiedlich aufgezogen und so gesellschaftlich geprägt, deren vermeintlich weiblichen oder männlichen Eigenschaften haben aber wenig damit zu tun, ob sie eine Vulva oder einen Penis haben – sie sind gesellschaftlich konstruiert. Denn Menschen mit Vulva können genauso aggressiv, sportlich oder rational sein (typisch männlich-konnotierte Eigenschaften) und Menschen mit Penis können genauso emphatisch, zärtlich oder emotional sein, wie es Frauen nachgesagt wird.

 

Hast du zum Beispiel schon einmal den Begriff “Powermann” gehört? Nein? Wir auch nicht, weil der Begriff “Mann” von Natur (und Gesellschaft) aus mit Eigenschaften, wie Stärke, Durchsetzungsvermögen und Erfolg assoziiert wird. Der Zusatz “Power” wird also nicht gebraucht, er versteckt sich bereits in der Essenz des Wortes. 

 

Mit Begrifflichkeiten, wie "Powerfrau" oder "Girl Boss" werden zwei Kategorien gebildet: Eine Frauen-Welt, in der es Power-Frauen und die Anderen gibt – und eine Männer-Welt, in der die Frauen nur dann mitspielen dürfen, wenn sie eine “Power-Frau” oder ein “Girl Boss” sind – also typisch männlich konnotierte Eigenschaften aufweisen. Wer Zusätze benutzt, betreibt "Othering" oder auch Alterisierung: Es wird in die einen und die anderen unterteilt, in die "Powerfrauen" und die "normalen Frauen", – also die "Nicht-Powerfrauen". In starke Menschen mit Vulva und schwache Menschen mit Vulva. Die eine Gruppe distanziert sich von der anderen und stellt sich über sie. 

 

Weil wir mittlerweile einen Schritt weiter sind, wissen wir, dass jede Frau stark sein kann. Wir brauchen keine Extra-Silben mehr, um ihre Stärke zu betonen.

 

Lies jetzt auch den Artikel "Der Mythos von einer immer-feuchten Vulva" – über das gesellschaftliche Stigma von vaginaler Trockenheit. 

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Die Autorin

Nele Tüch

Nele ist Content und Social Lead von nevernot und schreibt Artikel an den Schnittstellen von Themen, wie sexuelle Befreiung, Feminismus und Gender-Theorien.